Pricing digitaler Produkte im B2B

Februar 2023

Philipp Mutschler

Neue Herausforderungen in Krisenzeiten bei Preismodellgestaltung und Wertversprechen

Software-Angebote weisen nicht nur in technologischer Hinsicht im Vergleich zu Hardware-Produkten völlig andere Charakteristiken auf, sondern bieten auch Chancen für neue Geschäftsmodelle mit wiederkehrenden Einnahmeströmen wie beispielsweise Subscription-, Community- oder Pay-per-Use-Modelle. Das primäre Ziel bei der Entwicklung oder Änderung eines Preismodells ist immer die Steigerung des Ertrags oder der Marge eines Produkt-/Serviceangebots unter der Nebenbedingung, dass die damit eventuell verbundene Kostensteigerung durch Mehrleistung überkompensiert wird. Neuerdings kommt als weitere Zielgröße die Resilienz hinzu, also die Widerstandskraft gegenüber Marktstörungen wie z.B. hohe Inflation oder disruptive Marktveränderungen. Doch wie lässt sich zu digitalen Produkten ein nachhaltiges und resilientes Preismodell und Wertversprechen aufsetzen?

BEIM PRICING VON SOFTWARE-ANGEBOTEN IST UMDENKEN GEFORDERT - GEWOHNTE PFADE MÜSSEN VERLASSEN WERDEN.

Ein gängiger Fehler vieler Unternehmen bei der Preisgestaltung von Software-Angeboten ist es, direkt mit dem Preis beginnen zu wollen (Welchen Geldbetrag möchte ich für mein Produkt/Service verlangen?). Die Frage, die vor allen weiteren Überlegungen unbedingt gestellt werden muss, ist jedoch die folgende:

1. Welche Teile des Angebots lassen sich bepreisen und wie kann ich diese sinnvoll bündeln?

Hierfür bietet es sich an, das eigene Angebot in die kleinst-möglichen Bestandteile zu zerlegen. In dieser Phase werden die Zielkunden erfasst, es wird entschieden, welche Komponenten monetarisiert werden können und welchen Wert sie für die jeweiligen Zielkunden darstellen. Gibt es z. B. ausreichende Wertquellen für ein Premium-Angebot? Welche? Wie hoch ist der Exklusivitätsgrad des Angebots? (Commodity, Specialty, Uniqueness)

Im Anschluss können diese Bestandteile zu Produktbündeln kombiniert werden. An dieser Stelle sollten sich außerdem Gedanken über die Einteilung der Bündel in eine S/M/L bzw. Basic/Upgrade/Premium Logik gemacht werden. Erst, wenn ich weiß, wie mein Angebot konkret aussehen wird, kann ich mir im nächsten Schritt Gedanken über den Preis machen. Hierfür gilt es, die nächste Frage zu beantworten:

2. Welchen Preis kann ich für welche Angebotsbündel verlangen?

Entscheidend für den wirtschaftlichen Erfolg eines Angebots ist logischerweise sein Preis. Diesem nähern sich Unternehmen typischerweise getrieben aus der Kostenperspektive oder orientiert an den Preisen der Konkurrenz.

Bei digitalen Software-Angeboten ist die Ausgangssituation jedoch eine andere. Oftmals gibt es bei neuartigen Produkten zwar keine Konkurrenz, an der sich orientiert werden kann, aber immer doch ein Substitut. Dieses hat bereits einen Marktpreis – und vielleicht einen Nachteil gegenüber dem neuen Angebot, das damit einen Aufpreis wert ist. Die Einführung der Technologie gibt dem anbietenden Unternehmen mit der richtigen Go-To-Market-Strategie die Chance, sich als Market Maker zu positionieren, ein neues Geschäftsmodell zu etablieren und die bisher herrschenden Markt-Dynamiken zu verändern – trotz Substituten oder Wettbewerb!

Es ist eine falsche Annahme, dass nur absolute Innovationen eine Marktführerschaft ermöglichen. Viele Beispiele zeigen, dass dies auch ohne eine solche Ausnahmesituation möglich ist: MS Teams war z. B. weder der erste noch der einzige Business-Cloud-Anbieter, SAP nicht die einzige Business-Software, und Google nicht der einzige Online-Werbeanbieter im Markt. Und doch sind alle diese Firmen heute milliardenschwere Marktführer in ihren B2B-Branchen (und teilweise auch noch in den zugehörigen B2C-Märkten). Wenn das Angebot aber nicht absolut einzigartig ist, muss es das Kommunikations- und Preismodell sein. So konnte sich z. B. HelloFresh in Deutschland zum Marktführer im E-Food entwickeln, weil das Abomodell für Lebensmittellieferungen einzigartig ist, obwohl Lebensmittel und Rezepte an jeder Ecke (auch online) verfügbar sind.

Um das Marktpotenzial voll auszuschöpfen, ist es somit essenziell, die maximale Zahlungsbereitschaft der Zielkunden und die optimale Preismodellierung für die Zielkunden zu bestimmen. Die laufenden Kosten des Software-Angebotes spielen erst eine Rolle, wenn das optimale Preismodell simuliert und der resultierende Profit quantifiziert werden kann. Dieser muss dann – auf, zeitliche vom Management vorgegebene Sicht – die Kosten möglichst weit überkompensieren.

Für die Bestimmung der Zahlungsbereitschaft bieten sich je nach Produkteigenschaften, verfügbaren Ressourcen, Kundencharakteristiken und weiteren Faktoren verschiedene Preisoptimierungsmethoden wie Conjoint-Analyse oder Fokus-gruppen-Interviews an. Wachstumsberatungen beraten bei der Auswahl der richtigen Methode und begleiten die Durchführung dieser.

Stehen Angebotsgestaltung und Preismodell fest und ist die Zahlungsbereitschaft der Kunden ermittelt, erfolgt der letzte wichtige Schritt – die Erarbeitung eines Wertversprechens.

3. Was ist das Wertversprechen, um Preis und Wert in einem "Statement" für Marketing und Vertrieb in Einklang zu bringen?

Ein Wertversprechen ist die Grundlage und dient der Orientierung für internes Alignment und Positionierung. Startpunkt sind dabei immer Kundenbedürfnisse und Probleme. Diese gilt es zu identifizieren und nach Häufigkeit und Wichtigkeit zu clustern. Hierauf aufbauend werden potenzielle Lösungen abgeleitet und vertestet.

Zu den erarbeiteten Lösungen müssen nun die Vorteile für den Kunden mit Daten untermauert und in eine Positionierungsaussage – das Wertversprechen - übersetzt werden. Dieses kann als Selling Story von Marketing und Vertrieb genutzt werden. Hervorzuheben an dieser Stelle ist, dass es sich bei einem Werteversprechen nicht um eine Produktbeschreibung oder einen Slogan handelt.

Vielmehr geht aus einem Werteversprechen hervor, welche Herausforderungen durch das Angebot für die Zielgruppe gelöst werden und warum das Angebot besser ist als das der Konkurrenz. Es beantwortet die Fragen: Welchen konkreten Nutzen erhält der Zielkunde? Wie wird das Angebot die Herausforderungen lösen? Und wie unterscheidet es sich vom Wettbewerb und von Substituten?

RECAP - MIT PREISMODELL & WERTVERSPRECHEN ZUM ERFOLG.

Bei der Preisgestaltung und der Erarbeitung des Wertversprechens von Software-Angeboten ist es ausschlaggebend, strukturiert vorzugehen. Keiner der Schritte – Produktbündelung, Bestimmung der Preislogik, Ermittlung der Zahlungsbereitschaft, Erarbeitung des Werteversprechens – führt für sich alleinstehend zum Erfolg. Nur ein durch ein fundiert erarbeitetes Preismodell & Wertversprechen können Unternehmen das adressierbare Marktpotenzial signifikant steigern und die maximale Marge für ihr Angebot erhalten.

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Philipp Mutschler

Manager und Leiter Geschäftsfeld Software & Cloud Solutions

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